Die nachfolgenden Ausführungen sind ein Leitbild zu dem, was unsere Gemeinde ausmacht und wie wir mit unterschiedlichen Sprachen unter uns umgehen wollen. Dieses Dokument ist 2019 entstanden, als wir uns als Gemeinde mit diesem Thema beschäftigt haben, und ist zuletzt 2025 angepasst und ergänzt worden.
Jede Gemeinde geht mit der Herausforderung von unterschiedlichen Sprachen anders um. Hier beschreiben wir die biblischen Prinzipien und gefassten Entschlüsse, die wir als Älteste und Leiter dieser Gemeinde haben und auch umsetzen. Wir beten und streben danach, dass wir als Gemeinde diese zu unserem gemeinsamen Verständnis und Ziel machen.
Dieses Dokument soll die Einheit in unserer Gemeinde bewahren und fördern, indem dargestellt wird, wohin wir als Gemeinde gehen.
Wir als Gemeinde können nur dann ein Zeugnis in dieser Welt sein, wenn wir in Einheit und Frieden miteinander leben. Deswegen brauchen wir eine klare Leitlinie in dem Umgang mit den unterschiedlichen Sprachen unter uns.
1. Wir sind eine mehrsprachige Gemeinde
Zurzeit hat Gott uns besonders ausgerüstet, unter den russisch- und deutschsprachigen Menschen in unserer Umgebung zu dienen! Deshalb können wir Gottesdienste und Übersetzungen in beiden Sprachen anbieten.
Wir sind uns dessen bewusst, dass Sprache trennt: Wenn es in einer Gemeinde mehrere Sprachen und Kulturen gibt, ist das mit Herausforderungen verbunden. Wer etwas nicht versteht, fühlt sich ausgegrenzt.
Wir haben auch ein Ungleichgewicht der Sprachen: Wir können von keinem Mitglied der Gemeinde erwarten, dass es Russisch lernt, während die meisten Deutsch lernen können. Andererseits werden einige ältere Mitglieder nie in der Lage sein, die deutsche Sprache gut genug zu erlernen.
Es ist eine Tatsache, dass Gott aus allen Nationen Menschen zu sich versammelt. Nach Epheser 2,11–22 hat Christus seine Herrlichkeit gezeigt, als er aus Juden und Heiden eins machte. Christen sollten also mit Paulus einstimmen können:
Darum nehmt einander an, gleichwie auch Christus uns angenommen hat, zur Ehre Gottes! (Römer 15,7)
Wir haben nicht den Auftrag Christi, dass jemand „russisch“ oder „deutsch“ werden soll. Unser Auftrag ist klar: Einander zur Ehre Gottes annehmen!
2. Wir sind eine mehrsprachige Gemeinde, die einander dient
Weil unser Auftrag klar ist, wollen wir einander dienen. Gemeinde lebt vom Geben und Nehmen, denn sie ist der Ort, an dem man gleichzeitig dient und bedient wird (siehe Römer 12).
1. Dienen durch Übersetzung
Wir dienen einander durch Übersetzung, denn bei allen Treffen der Gemeinde muss jeder alles verstehen können. Geistliche Erbauung ist unmöglich, wenn man die Sprache nicht versteht, wie es geschrieben steht:
wenn ich aber die Bedeutung einer Sprache nicht kenne, so werde ich für den in ihr Redenden ein Fremdling sein, und der in ihr Redende bleibt für mich ein Fremdling. (1.Kor 14,10–11)
Wenn Übersetzung notwendig ist, dann tun wir alles dafür. Wir wollen bewusst Nachteile und Herausforderungen in Kauf nehmen, damit alle alles verstehen und niemand ausgeschlossen wird.
2. Dienen durch die Gottesdienste
Wir ermöglichen mehrsprachigen Familien eine gemeinsame Gemeinde mit russischem und deutschem Gottesdienst zur Evangelisation und Zurüstung.
Um das Zusammenwachsen zu erleichtern, bieten wir in beiden Gottesdiensten eine Simultanübersetzung über Kopfhörer an. So kann man zusammen in ein und demselben Gottesdienst sein, auch wenn man die Sprache nicht versteht.
3. Ermutigen zum deutschen Gottesdienst
Wir ermutigen vor allem Familien, Eltern und Großeltern am deutschen Gottesdienst teilzunehmen, um gemeinsam als Familie Gott anzubeten.
Man dient durch seine Anwesenheit den deutschsprechenden Kindern und Enkelkindern. Denn die Eltern (5.Mo 6,7) und auch die Großeltern (5.Mo 4,9) haben die Verantwortung, ihren (Enkel-)Kindern von Gott zu erzählen. Wenn diese gemeinsam mit ihren Kindern der Predigt zuhören, beten und bei den Liedern mitsingen, dann ist dies eine gute Grundlage für Gespräche über den Glauben und das Evangelium. Die Kinder suchen nach Vorbildern – wie sollen sie Gott ehrfürchtig dienen, wenn sie ihre Eltern nicht im Gottesdienst dabei beobachten können?
4. Ermutigen, einander kennenzulernen
Wir ermutigen einander, die Angst vor dem Nichtverstehen und Nichtverstandenwerden zu überwinden! Es lohnt sich, einander mit aufrichtigem Interesse zu begegnen. Dabei darf es nicht bei den Gesprächen im Gemeindehaus bleiben, denn die Bibel fordert uns zur Gastfreundschaft auf.
Nehmt Anteil an den Nöten der Heiligen, übt willig Gastfreundschaft! (Röm 12,13)
Gastfreundschaft ermöglicht ein Kennenlernen und bringt uns näher zusammen. Dabei können wir gegenseitig Anteil am Leben des anderen nehmen und zeigen, dass wir einander brauchen.
5. Fördern der Einheit durch bewusste Planung
Wir fördern die Einheit der Gemeinde, indem wir bewusst die Veranstaltungen der Gemeinde planen. Denn nur so können wir sicherstellen, dass sie nicht zu einem Spielraum für Trennungen werden.
- Wir behandeln jeden Gottesdienst als einen vollwertigen Gottesdienst.
- Wir planen keine Parallelveranstaltungen während des deutschen Gottesdienstes, weil wir erwarten, dass alle Mitglieder daran teilnehmen können.
- Wir nehmen uns als Gemeinde besondere Zeiten füreinander (z. B. Gemeindestunden, Gemeinde-Nachmittage oder Gemeindetage).
- Wir führen die Arbeit mit unseren Kindern und Jugendlichen grundsätzlich in deutscher Sprache durch.
4. Warum haben wir mehrere Sprachen in einer Gemeinde?
Wir trennen die Gemeinde nicht nach Sprachen:
- damit russischsprachige Eltern/Großeltern in ihrer Gemeindezugehörigkeit nicht von der nächsten deutschsprachigen Generation getrennt werden,
- weil russischsprachige Geschwister deutschsprachige Kollegen und Nachbarn in „ihre“ Gemeinde einladen können und umgekehrt,
- weil wir so die Schönheit des friedenstiftenden Evangeliums in dieser Welt bezeugen,
- weil es ein Vorgeschmack des Himmels ist, wenn wir verschiedene Nationen und Sprachen in einer Gemeinde haben (siehe Offb 5,9).
Wir trennen die Gottesdienste nach Sprachen:
- damit die Gläubigen in der Muttersprache geistlich ausgerüstet werden,
- damit die Ungläubigen in ihrer Muttersprache erreicht werden (siehe Mt 28,19),
- weil man in der Muttersprache das Herz besser und mit mehr Tiefgang erreicht,
- damit die Geschwister mit ihren vielfältigen Gaben einander auch gottesdienstübergreifend dienen können.
Deswegen sind wir bereit, den Mehraufwand für mehrere Gottesdienste und für die Übersetzung bewusst in Kauf zu nehmen.
4. Unsere Ziele uns Ausrichtung
Wir haben zwei Ziele:
- Wir wollen den Menschen auf Deutsch und Russisch durch Gottesdienste, Seelsorge und andere Veranstaltungen dienen.
- Wir wollen, dass alle Gemeindemitglieder am deutschen Gottesdienst teilnehmen, es sei denn, es gibt gesundheitliche oder andere Gründe, die dagegen sprechen.
Wichtig ist uns vor allem, dass die Eltern-Kind-Beziehungen gestärkt werden. Wir wollen nicht Kinder aufgrund der Sprache verlieren. So wollen wir Gottesdienste und Veranstaltungen in russischer Sprache anbieten, aber den Schwerpunkt auf die deutsche Sprache legen.
Vor allem das zweite Ziel wollen wir nicht durch Zwang, sondern durch Ermutigung erreichen.
Uns geht es nicht darum, irgendeine Kultur in der Gemeinde zu erhalten oder vorzugeben, sondern wir wollen die kulturellen Unterschiede in Liebe überwinden. Es war nie unser Plan und unsere Aufgabe als Gemeinde, die „russische Kultur“ durch den russischen Gottesdienst zu erhalten. Der russische Gottesdienst dient denen, die heute besser Russisch verstehen.
Wir wissen nicht, was uns die Zukunft bringt und wie lange noch Russisch gesprochen werden wird. Darum geht es in diesem Dokument nicht. Hier geht es um die Ziele, die heute erreichbar sind.
5. Praktische Umsetzung
Wir wollen die Prinzipien praktisch umsetzen, indem wir einander höher achten als uns selbst, wofür Jesus Christ selbst das Vorbild ist.
in Demut achte einer den anderen höher als sich selbst (Phil 2,3)
1. Wir achten auf den Gesprächspartner
Wir können die Menschen mehr achten als uns selbst, indem wir in Gesprächskreisen alle am Gespräch teilhaben lassen. Es kann notwendig sein, die Sprache zu wechseln oder jemanden zu bitten, das Gesagte zu übersetzen. Wir wollen niemanden durch die Wahl der Sprache vom Gespräch ausschließen.
wenn ich aber die Bedeutung einer Sprache nicht kenne, so werde ich für den in ihr Redenden ein Fremdling sein, und der in ihr Redende bleibt für mich ein Fremdling. (1.Kor 14,10–11)
Wir müssen aufeinander achten und einander erinnern, die Sprache zu verwenden, die alle verstehen. Das bedeutet nicht, dass wir eine Sprache verbieten. Grundsätzlich sollte man bei den deutschen Veranstaltungen darauf achten, dass man auch die Gesprächsrunden auf Deutsch führt, damit andere zum Gespräch dazukommen können.
2. Wir achten auf die Kinder
Wir wollen auch die Kinder in die Gespräche miteinbeziehen. Sie hören die Gespräche und erkennen so auch die Wunder Gottes. So lernen sie Glaubensvorbilder kennen, die sie dringend brauchen.
das wollen wir ihren Kindern nicht vorenthalten, sondern den Ruhm des HERRN erzählen dem späteren Geschlecht, seine Macht und seine Wunder, die er getan hat. (Psalm 78,4)
3. Wir achten auf selbstlosen Dienst
Wir wollen einander dienen, ohne einen Vorteil zu erwarten. Wir dienen einander, ohne zu zählen, wie oft der andere uns gedient hat. Es stimmt, dass wir alle sehr unterschiedlich begabt sind – gerade deswegen sollten wir umso bereitwilliger einander dienen.
Und das Auge kann nicht zur Hand sagen: Ich brauche dich nicht! oder das Haupt zu den Füßen: Ich brauche euch nicht! Vielmehr sind gerade die scheinbar schwächeren Glieder des Leibes notwendig, (1.Kor 12,21–22)
4. Wir achten auf unsere Gespräche
Murren und Lästern sind immer Sünde. Wir wollen einander helfen und jegliches Beschweren im Keim ersticken, vor allem, wenn es passiert, dass man sich über anderssprachige Geschwister beschwert.
Redet nicht schlecht übereinander, liebe Freunde! Wer einen anderen verleumdet und verurteilt, verleumdet und verurteilt das Gesetz Gottes. Aber eure Aufgabe ist es nicht, das Gesetz zu richten, sondern dem Gesetz zu gehorchen. (Jak 4,11)
Ein herzliches Wort der Ältesten an dich
Als Älteste freuen wir uns, dass du dir die Mühe gemacht hast, dieses Dokument zu lesen. Bei Fragen oder Unsicherheiten sprich uns an. Wir nehmen uns gerne Zeit für dich.
Wir freuen uns, dass wir gemeinsam dem herrlichen Gott und Retter dienen dürfen. Wir freuen uns über jeden, der trotz des Nichtverstehens der anderen Sprache die Mehrbelastung durch Übersetzung oder Missverständnisse annimmt und dort dient, wozu Gott ihn befähigt.
Möge Gott sich durch uns verherrlichen!