1533 setzte Gott eine Reihe von Geschehnissen in Bewegung, die seiner Gemeinde eine der großartigsten Gaben zur Verfügung stellen sollten, die sie in den vergangenen 500 Jahren erhalten hatte. Nachdem er zum rettenden Glauben an Jesus Christus kam und sein priesterliches Amt im Römischen Katholizismus aufgab, wurde Alexander Canus zum Tode verurteilt, weil er in ganz Lyon (Frankreich) die Lehre von der Rechtfertigung allein durch Glauben verkündete. Die rettende Gnade Gottes, die allen angeboten wird, die Buße über ihre Sünde tun und den Namen des Herrn Jesus Christus anrufen, hatte diesen Franzosen radikal in einen kühnen Botschafter des Höchsten Gottes verwandelt.
Als Canus vor seiner Hinrichtung vor das französische Parlament gebracht wurde, wurde er vor Tausenden von Zuschauern gefesselt und erbarmungslos geschlagen. Nachdem ihm beide Beine gebrochen wurden und sein Körper bis zum Äußersten entstellt war, wurde Canus die einmalige Gelegenheit gegeben, seine neu erworbenen Überzeugungen zu widerrufen und die Dogmen des Römischen Katholizismus zu erneuern. Doch trotz der gnadenlosen Folter und der ständigen Versuchung, auf die Forderungen seiner Gesprächspartner einzugehen, rief Canus stattdessen vor den Massen aus: «O Gott, in diesen Männern gibt es weder Mitleid noch Erbarmen! Oh, dass ich beides in dir finden möge!»
Als das französische Parlament Zeuge der unerschütterlichen Entschlossenheit von Canus wurde, an seinen neu gefundenen Überzeugungen festzuhalten, blieb ihm keine andere Wahl, als seine Hinrichtung durchzuführen; er sollte bei lebendigem Leibe auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden. Als Canus an den Ort seines Todes getragen wurde, begann er, das Evangelium Jesu Christi den Menschen zu predigen, die sich darauf vorbereiteten, ihn zu töten. Inmitten Canus’ Verkündigung unter freiem Himmel begannen Schrecken und tiefer Zweifel den von Zeugen erfüllten Platz zu durchdringen. «Er wird verbrannt werden», sagte das Volk, «doch niemand scheint so glücklich zu sein wie er!» Während er an den Scheiterhaufen gebunden wurde, wurde Canus mit dem tröstenden Dienst des Heiligen Geistes in seiner Seele erfüllt. Bevor das Feuer seinen Körper verschlang, soll Canus zuversichtlich verkündet haben: «O Gott, gibt es eine höhere Ehre, als so wie dein Sohn im Haus des Herodes behandelt zu werden?»
Bewegt von Mitgefühl und Reue begannen viele in der Menge über den brutalen Tod, den Canus erlitten hatte, zu weinen. «Sicherlich gibt es in diesem Mann nichts, was des Todes würdig wäre», riefen einige. Andere riefen aus: «Wenn dieser Mann nicht gerettet wird, wer kann es dann sein?» Unter den Schaulustigen befand sich auch ein 24-jähriger Mann, der sich vor Kurzem bekehrt hatte. Der Name des jungen Mannes war Johannes Calvin, und da er von den Geschehnissen rund um den Märtyrertod von Canus so bewegt war, würde Calvin bald den Rest seines Lebens dem Predigtdienst widmen. Calvin war der wohl größte Bibelausleger, der je gelebt hat, und seine theologischen Abhandlungen segnen Gottes Volk bis zum heutigen Tag.
Die Umstände des Märtyrertodes von Alexander Canus sind ein anschauliches Beispiel für geistgewirkte Geduld und dienen als Erinnerung daran, dass diese christusähnliche Tugend ein kraftvolles Zeugnis für Gottes Reich ist. Die griechische Bedeutung für Geduld (makrothymia) lässt sich vielleicht besser als Langmut ins Deutsche übersetzen, und wie oben beschrieben, verhielt sich Alexander Canus genauso gegenüber denen, die ihn 1533 ermordet haben. Christusähnliche Langmut bedeutet, nicht Böses mit Bösem zu erwidern, sondern stattdessen schwierige oder schmerzhafte Umstände willentlich im Vertrauen auf Gottes Absichten zu dulden (1. Petrus 3,8-9). Als wesentlicher Bestandteil der vom Geist erzeugten Liebe ist Langmut eine Eigenschaft, die Christen gegenüber allen ihren Mitmenschen ohne Ausnahme haben müssen (1. Korinther 13,4). Darüber hinaus wird diese wunderbare Eigenschaft, wie sie in der Heiligen Schrift beschrieben wird, durch den dreieinigen Gott selbst sogar noch stärker (vollkommen) zur Schau gestellt (Römer 2,1-4). Betrachten wir nur einige Beispiele:
Gott der Vater
Als Petrus über Gottes Langmut gegenüber Sündern schrieb, die sich in seiner andauernden Zurückhaltung des Gerichts über die nicht wiedergeborene Menschheit zeigt, sagte der Apostel Petrus:
8 Dieses eine aber sollt ihr nicht übersehen, Geliebte, dass ein Tag bei dem Herrn ist wie tausend Jahre, und tausend Jahre wie ein Tag!
9 Der Herr zögert nicht die Verheißung hinaus, wie etliche es für ein Hinauszögern halten, sondern er ist langmütig gegen uns, weil er nicht will, dass jemand verlorengehe, sondern dass jedermann Raum zur Buße habe.
(2. Petrus 3,8-9)
Der Sohn Gottes
Als Paulus darüber nachdachte, wie Jesus Christus ihn selbst im Hinblick auf sein eigenes Heil behandelte, sagte er:
13 der ich zuvor ein Lästerer und Verfolger und Frevler war. Aber mir ist Erbarmung widerfahren, weil ich es unwissend im Unglauben getan habe.
14 Und die Gnade unseres Herrn wurde über alle Maßen groß samt dem Glauben und der Liebe, die in Christus Jesus ist.
15 Glaubwürdig ist das Wort und aller Annahme wert, dass Christus Jesus in die Welt gekommen ist, um Sünder zu retten, von denen ich der größte bin.
16 Aber darum ist mir Erbarmung widerfahren, damit an mir zuerst Jesus Christus alle Langmut erzeige, zum Vorbild für die, die künftig an ihn glauben würden zum ewigen Leben.
(1. Timotheus 1,16-18)
Gott der Heilige Geist
In Epheser 4,30 und 1. Thessalonicher 5,19 fordert der Apostel Paulus seine Leser auf, «den Heiligen Geist nicht zu betrüben» und «den Heiligen Geist nicht zu dämpfen». Beide Passagen zeigen, dass Gläubige anfällig dafür sein können, der Führung des Heiligen Geistes nicht zu gehorchen und infolgedessen gegen die dritte Person der Gottheit zu sündigen. Dennoch bleibt der Heilige Geist trotz des häufigen Versagens von Christen uns gegenüber geduldig. Er hat alle Gläubigen für den Tag der Erlösung versiegelt, und so wird er dem Volk Gottes immer treu sein.
Wenn wir untreu sind, so bleibt er doch treu; er kann sich selbst nicht verleugnen (2. Timotheus 2,13). Mach es dir in dieser Woche zum Gebet und Ziel, Gottes Geduld in deinem eigenen Leben nicht als selbstverständlich hinzunehmen. Außerdem bitte den Herrn, dir die Kraft zu geben, durch das Wirken seines Geistes in dir, seine Langmut gegenüber den Menschen, die er in dein Leben gestellt hat, widerzuspiegeln.
Wöchentliche Passagen zum Nachdenken:
Montag – 2. Mose 34,1-8
1 Und der HERR sprach zu Mose: Haue dir zwei steinerne Tafeln zu, wie die ersten waren, damit ich die Worte darauf schreibe, die auf den ersten Tafeln waren, die du zerbrochen hast;
2 und sei morgen bereit, dass du früh auf den Berg Sinai steigst und dort zu mir auf die Spitze des Berges trittst.
3 Und lass niemand mit dir hinaufsteigen, dass niemand um den ganzen Berg her gesehen werde; lass auch keine Schafe noch Rinder gegen diesen Berg hin weiden!
4 Und Mose hieb sich zwei steinerne Tafeln zurecht, wie die ersten waren; und er stand am Morgen früh auf und stieg auf den Berg Sinai, wie ihm der HERR geboten hatte, und nahm die zwei steinernen Tafeln in seine Hand.
5 Da kam der HERR in einer Wolke herab und trat dort zu ihm und rief den Namen des HERRN aus.
6 Und der HERR ging vor seinem Angesicht vorüber und rief: Der HERR, der HERR, der starke Gott, der barmherzig und gnädig ist, langsam zum Zorn und von großer Gnade und Treue;
7 der Tausenden Gnade bewahrt und Schuld, Übertretung und Sünde vergibt, aber keineswegs ungestraft lässt, sondern die Schuld der Väter heimsucht an den Kindern und Kindeskindern bis in das dritte und vierte Glied!
8 Da neigte sich Mose schnell zur Erde und betete an;
Dienstag – Epheser 4,1-6
1 So ermahne ich euch nun, ich, der Gebundene im Herrn, dass ihr der Berufung würdig wandelt, zu der ihr berufen worden seid,
2 indem ihr mit aller Demut und Sanftmut, mit Langmut einander in Liebe ertragt
3 und eifrig bemüht seid, die Einheit des Geistes zu bewahren durch das Band des Friedens:
4 Ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung;
5 ein Herr, ein Glaube, eine Taufe;
6 ein Gott und Vater aller, über allen und durch alle und in euch allen.
Mittwoch – Jakobus 1,18-21
18 Nach seinem Willen hat er uns gezeugt durch das Wort der Wahrheit, damit wir gleichsam Erstlinge seiner Geschöpfe seien.
19 Darum, meine geliebten Brüder, sei jeder Mensch schnell zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn;
20 denn der Zorn des Mannes vollbringt nicht Gottes Gerechtigkeit!
21 Darum legt ab allen Schmutz und allen Rest von Bosheit und nehmt mit Sanftmut das [euch] eingepflanzte Wort auf, das die Kraft hat, eure Seelen zu erretten!
Donnerstag – 1. Thessalonicher 5,12-24
12 Wir bitten euch aber, ihr Brüder, dass ihr diejenigen anerkennt, die an euch arbeiten und euch im Herrn vorstehen und euch zurechtweisen,
13 und dass ihr sie umso mehr in Liebe achtet um ihres Werkes willen. Lebt im Frieden miteinander!
14 Wir ermahnen euch aber, Brüder: Verwarnt die Unordentlichen, tröstet die Kleinmütigen, nehmt euch der Schwachen an, seid langmütig gegen jedermann!
15 Seht darauf, dass niemand Böses mit Bösem vergilt, sondern trachtet allezeit nach dem Guten, sowohl untereinander als auch gegenüber jedermann!
16 Freut euch allezeit!
17 Betet ohne Unterlass!
18 Seid in allem dankbar; denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus für euch.
19 Den Geist dämpft nicht!
20 Die Weissagung verachtet nicht!
21 Prüft alles, das Gute behaltet!
22 Haltet euch fern von dem Bösen in jeglicher Gestalt!
23 Er selbst aber, der Gott des Friedens, heilige euch durch und durch, und euer ganzes [Wesen], der Geist, die Seele und der Leib, möge untadelig bewahrt werden bei der Wiederkunft unseres Herrn Jesus Christus!
24 Treu ist er, der euch beruft; er wird es auch tun.
Freitag – Jakobus 5,7-12
7 So wartet nun geduldig, ihr Brüder, bis zur Wiederkunft des Herrn! Siehe, der Landmann wartet auf die köstliche Frucht der Erde und geduldet sich ihretwegen, bis sie den Früh- und Spätregen empfangen hat.
8 So wartet auch ihr geduldig; stärkt eure Herzen, denn die Wiederkunft des Herrn ist nahe!
9 Seufzt nicht gegeneinander, Brüder, damit ihr nicht verurteilt werdet; siehe, der Richter steht vor der Tür!
10 Meine Brüder, nehmt auch die Propheten, die im Namen des Herrn geredet haben, zum Vorbild des Leidens und der Geduld.
11 Siehe, wir preisen die glückselig, welche standhaft ausharren! Von Hiobs standhaftem Ausharren habt ihr gehört, und ihr habt das Ende gesehen, das der Herr [für ihn] bereitet hat; denn der Herr ist voll Mitleid und Erbarmen.
12 Vor allem aber, meine Brüder, schwört nicht, weder bei dem Himmel noch bei der Erde noch mit irgendeinem anderen Eid; euer Ja soll ein Ja sein, und euer Nein ein Nein, damit ihr nicht unter ein Gericht fallt.
Samstag – 1. Petrus 2,19-25
19 Denn das ist Gnade, wenn jemand aus Gewissenhaftigkeit gegenüber Gott Kränkungen erträgt, indem er zu Unrecht leidet.
20 Denn was ist das für ein Ruhm, wenn ihr geduldig Schläge ertragt, weil ihr gesündigt habt? Wenn ihr aber für Gutestun leidet und es geduldig ertragt, das ist Gnade bei Gott.
21 Denn dazu seid ihr berufen, weil auch Christus für uns gelitten und uns ein Vorbild hinterlassen hat, damit ihr seinen Fußstapfen nachfolgt.
22 »Er hat keine Sünde getan, es ist auch kein Betrug in seinem Mund gefunden worden«;
23 als er geschmäht wurde, schmähte er nicht wieder, als er litt, drohte er nicht, sondern übergab es dem, der gerecht richtet.
24 Er hat unsere Sünden selbst an seinem Leib getragen auf dem Holz, damit wir, den Sünden gestorben, der Gerechtigkeit leben mögen; durch seine Wunden seid ihr heil geworden.
25 Denn ihr wart wie Schafe, die in die Irre gehen; jetzt aber habt ihr euch bekehrt zu dem Hirten und Hüter eurer Seelen.
[1] Das Zeugnis von Alexander Canus kann in The Life of John Calvin (Thomas Lawson) gefunden werden, Seiten 56-57.
Bibelübersetzung: Schlachter 2000
Autor: Dewey Dovel
Originalartikel: