Die Schrift lehrt zwei Wahrheiten, die für uns Menschen widersprüchlich erscheinen: Gott ist souverän, und der Mensch ist verantwortlich. Weil unsere begrenzte menschliche Logik diese beiden Aussagen nicht auf einen Nenner bringen kann, besteht die konkrete Gefahr dieses Spannungsfeld zum Vorteil der einen Seite und auf Kosten der anderen Seite aufzulösen. Die Schrift lehrt jedoch beide Wahrheiten gleichwertig. Das bedeutet, dass dieser, für uns Menschen scheinbar existierende Widerspruch, bei Gott gar nicht existiert.
Die folgenden Artikel der Bekräftigung und Ablehnung sollen dazu dienen, Klarheit zu schaffen über richtige biblische Aussagen und falsche logische Folgerungen.
Aus dem Glaubensbekenntnis der ECG Hellersdorf. Thema: „Gott der Vater“:
„Er ist in der Schöpfung, der Erlösung und seinem Ratschluss uneingeschränkt (Ps. 103,19; Jes. 46,9-11; Röm. 11,36; Eph. 1,11; Jak. 1,18). … Fortwährend lenkt und regiert Er alle Geschöpfe und Ereignisse (1. Chr. 29,11-12). In seiner Allmacht ist Gott weder der Urheber noch der Befürworter von Bosheit und Sünde. Er hasst die Sünde (Hab. 1,13; Jak. 1,13-15; Joh. 8,38-47). Er vermindert die Verantwortung der intelligenten Geschöpfe für die Sünde nicht (Röm. 1,18-20).
In seiner Gnade hat Gott, der Vater, vor der Schöpfung seine Kinder für die ewige Rettung erwählt, die sein Eigen sein sollen (Eph. 1,4-6; Apg. 13,48). Er vergibt die Sünden allen, die durch Jesus Christus zu ihm kommen, und ist der Vater der erlösten Sünder (Joh. 1,12; Röm. 5,8-9; Röm. 8,15; Heb. 12,5-9).“
Artikel der Bekräftigungen und Ablehnungen
Artikel I
Wir stimmen überein, dass der Mensch, aufgrund seiner Verdorbenheit, Verblendung und Versklavung unter der Sünde, seine Errettung und Wiedergeburt nicht bewirken kann (Röm. 3,10-11; Rö. 6,17.20; 2. Kor 4,3-4; Eph. 2,1-9).
Wir lehnen ab, dass der Mensch für sein Handeln nicht zur Verantwortung gezogen wird (z.B. 1. Kor. 6,9-10, Röm. 1).
Artikel II
Wir stimmen überein, dass jeder Mensch die volle Verantwortung und Verpflichtung hat Buße zu tun und zu Glauben, um gerettet zu werden (Mk. 1,15; Apg. 17,30).
Wir lehnen ab, dass das souveräne Handeln Gottes in der Errettung die Verantwortung des Menschen in jeglicher Weise mindert (z.B. Apg. 16,14.30-33; Apg. 17,30).
Artikel III
Wir stimmen überein, dass die Errettung vollständig das Werk Gottes ist (von Anfang bis zum Ende), und der Mensch zur selben Zeit aufgefordert wird sich durch Buße von der Sünde abzuwenden und sich im Glauben an Christus zu wenden (Heb. 5,9; Heb. 12,2; Röm. 10,12-13).
Artikel IV
Wir stimmen überein, dass niemand zu Jesus kommen kann, es sei denn es ist ihm vom Vater gegeben (Joh. 6,37.44.65; Kol. 1,2).
Wir lehnen ab, dass ein Mensch wahrhaft Buße tun will, es aber nicht kann, oder sie ihm von Gott verwehrt wird (Joh. 6,35.47).
Die Folgerung ist unbiblisch. Die biblische Aussage ist, dass niemand sich zu Gott wenden will (Röm. 3,5-20), obwohl jeder Mensch ihn in der Natur und in seinem Gewissen erkennen kann (Röm. 1,18-21).
Die Ausdrucksform die wir verwenden wollen ist, dass niemand Gott sucht, noch zu ihm kommen will (im Gegensatz zu „keine Chance haben“). Gott aber ist es der begnadigt und errettet.
Wir lehnen ab, dass Gott schuld sei, wenn ein Mensch verloren geht (1. Tim 2,4-6; Mt. 23,27; Joh. 3,18).
Artikel V
Wir stimmen überein, dass Gott will, dass alle Menschen gerettet werden; und dass dies ein ernsthaftes, echtes Angebot und ein Aufruf Gottes ist. (Röm. 10,20-21; Lk. 19,41; Mt. 23,37). Darüber hinaus gebietet Gott allen Menschen an allen Orten Buße zu tun (Apg. 17,30).
Wir lehnen ab, dass Gott Menschen zur Verdammnis erwählt (1. Tim. 2,4-6).
Artikel VI
Wir stimmen überein, dass die Lehre der Erwählung zum Heil vorrangig eine Wahrheit für Gläubige ist.
Die Bibel spricht hauptsächlich zu Gläubigen über dieses Thema mit dem Ziel der Anbetung, der Einheit und des Trostes (Eph. 1; 1. Pet. 1,2-6). Jedoch nennt Jesus auch die Themen deutlich in seiner Predigt an die gesamte Volksmenge (Joh. 3; 6,36-37.44; Lk. 10).
Wir vermeiden im Gespräch mit Ungläubigen Erwählung und Nicht-Erwählung zur Diskussion zu stellen. Der Aufruf der Bibel an Ungläubige ist deutlich: „Tut Buße und glaubt!“
Artikel VII
Wir stimmen überein, dass Abfall möglich ist und Scheinglauben offenbart (2. Tim. 4,10; Lk. 22,3-6; Joh. 6:60-66).
Wir lehnen ab, dass ein wahrer Gläubiger abfallen kann (Joh. 10:27-30; Röm. 8:35-39).
Christen in fortlaufendem Ungehorsam/Sünde sprechen wir keine Heilsgewissheit zu, sondern rufen sie zur Umkehr auf (Römer 6). Argumentationen aufgrund von Erfahrungen mit Menschen die gläubig schienen und dann abgefallen sind, geben wir kein Gewicht.
Artikel VIII
Wir stimmen überein, dass das stellvertretende Opfer und Blut Jesu Christi all denen zugerechnet und wirksam wird, die es im Glauben annehmen (Heb. 9,28; Mk. 10,45; Mk. 14,24).
Wir lehnen ab, dass das stellvertretende Opfer und Blut Jesu Christi, nicht für die Errettung aller Menschen ausreichen würde (Heb. 10).
Artikel IX
Wir stimmen zu, dass wir anhaltend evangelisieren und für die Rettung von Menschen beten müssen, denn der Glaube kommt aus der Verkündigung (Röm. 10,17).
Abschließende Bemerkungen
Da die erörterten Aussagen häufig mit falschen Rückschlüssen verbunden sind (z.B. Röm. 9,20), müssen wir in unseren Gesprächen und Predigten diese möglichen Rückschlussfragen der Zuhörer aufgreifen und klarstellen.
Gott verursacht alle Dinge die geschehen. Er tut dies aber in einer Art und Weise, dass er dabei unsere Fähigkeit aufrechterhält, willentlich verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen; Entscheidungen, die reale und ewige Folgen haben und für die wir persönlich verantwortlich gemacht werden.
Wie genau Gott die Kontrolle seiner bestimmenden Vorsehung mit unseren willentlichen und nachhaltigen Entscheidungen miteinander in Einklang bringt, erklärt uns die Bibel nicht. Doch anstatt den einen oder den anderen Aspekt zu leugnen (einfach weil wir nicht erklären können, wie beides zutreffend sein kann), sollten wir beide Wahrheiten in dem Bemühen akzeptieren, der Lehre der ganzen Bibel gerecht zu werden.
Sehr treffend fasst D. A. Carson das Spannungsfeld zwischen der Souveränität Gottes und der menschlichen Verantwortung zusammen:
Gott ist absolut souverän, doch seine Souveränität hat in der Bibel nie die Funktion, die menschliche Verantwortung einzuschränken.
Menschen sind verantwortliche Geschöpfe — das heißt, sie treffen Entscheidungen, sie glauben, sie sind ungehorsam, sie antworten, und ihre Entscheidungen haben moralisches Gewicht. Doch menschliche Verantwortung hat in der Bibel nie die Funktion, Gottes Souveränität zu schmälern oder Gott absolut willkürlich zu machen.1
Diese Bekräftigungen und Ablehnungen der Lehre von der Errettung des Menschen wurden 2018 von den Ältesten und dem Leitungskreis der ECG Berlin-Hellersdorf (www.ecg.berlin) erarbeitet.